Ein Reisebericht von Jörn Beutel (Mitglied der Karmann Ghia IG Lippe in NRW - Germany
 
Toskana Treffen des Karmann Ghia Club Italia 2014

- ist der Karmann Ghia eine Reiselimousine?

Sicher ist ein 5er BMW bequemer auf der Langstrecke. Aber Leute, was vor 40 bis 50 Jahren
Gang und Gäbe war geht auch heute noch. Wahrscheinlich sogar einfacher, wenn auch die
Ersatzteilversorgung (so man Bedarf hat) seinerzeit im Gegensatz zu heute stets sichergestellt war.
Heute gibt es dafür mehr Autobahnen. Wobei der Karmann jetzt eher mit den LKW's um die Positionen ringt und nicht mit den Opels, Fiats und Mercedes-Diesel.

Geplant hatte ich das ja schon seit fast einem Jahr, und über 9 Monate am Motor gebastelt. 
Und dann hatte ich Glück, das ich überhaupt fahren konnte. Aber nicht weil mir der Karmann
mal wieder neue Chancen gab, die Technik besser kennen zu lernen, sondern weil bei mir noch
schnell mal eine Zahnwurzel-Entzündung wieder aufflammen musste. 
Das gab eine Startverzögerung - aber ich konnte dann doch los.
Abfahrt in Marburg mit Kilometerstand 8088 bei relativ bescheidenem Wetter, da hätte 
ich sogar ein Bild aber das erspare ich Euch.

Das Wetter wurde aber immer besser je weiter es nach Süden ging.

  

Auf dem Weg nach Castiglione della Pescaia gab es für mich 2 Zwischenstationen.

  

Eine in Cuvio am Largo Maggiore, wo ich Silvias und    In Genua hatte mir Karmann Ghia Club Freund
Emilios (
Emilio ist der Präsident des italienischen Klubs)             Francesco eine spezielle Unterkunft besorgt.
Gastfreundschaft genießen durfte und eine in Genua.      B&B im Kloster Madonetta mitten in Genua.


Aussicht auf den Hafen und das Wahrzeichen der Stadt, den Leuchtturm.  

Um mich herum war im Umkreis von 500 m NIEMAND. Dann drängten sich die Häuser dicht an dicht. Und ich war da völlig alleine, denn die Padres waren im Wochenende. Und ich hatte alle Schlüssel der gesicherten Anlage... Das Frühstück durfte ich mir selber machen, Milch war im Kühlschrank, Kaffee reichlich vorhanden nebst klassischer Espressomaschine (die für den Herd), Marmelade und Biscotties. Gestört hat mich da niemand. War ein echtes Erlebnis. Wohl auch für die Klosterkatze, die sich natürlich mein weiches, sauberes Kaschmirdach als standes- gemäßen Ruheplatz erkoren hat und dafür ihre Dreckpfoten auf dem Verdeck als Autogrammersatz hinterlassen hat.  

Einzig Francesco war etwas enttäuscht, das die von ihm erhoffte Erleuchtung und Bekehrung zum rechten Glauben für mich nicht stattgefunden hat.


Sonntag war noch ein "echtes" Oldtimertreffen in Genua, auf dem ich auch noch ein paar Fotos gemacht habe.

 

 

Die Fahrt von Genua nach Castiglione (liegt etwa auf der Höhe von Elba) war recht ereignislos, wenn man vom manchmal ungewohnten Fahrstiel einiger Zeit genossen absieht. Die A12 ist dort sehr kurvig und "tunnelig", also nicht so schön zu fahren. Und der Italiener an sich fährt auch etwa so wie er sich verhält, eher körpernah als distanziert. Aber da genießt man glücklicherweise als Oldtimer doch so etwas wie einen gewissen Altersrespekt. Da ist man schon besser dran als in einem BMW. Deswegen hatte ich mir ja extra noch eine respektable Hupe eingebaut. Made in Italy.

Die wurde auch ab und an mal gehört. Später gab es einen ungewohnte Moment auf der super ausgebauten Autobahn bei La Spezia...ich war wieder alleine mit meinem Karmann.
Kein Auto von Horizont bis Horizont, sehr gute Straße, keine Schlaglöcher.

Der irgendwann auftauchende Ferrari durfte nicht wirklich schneller fahren als ich. Durfte er nicht, hat er aber doch gemacht, der Schlingel. Hat mich aber freundlich gegrüßt. Überhaupt, das man freundlich gegrüßt wird passiert laufend! Wobei aber wohl die Grundregel gilt, daß das langsamere Fahrzeug vor einem unbedingt überholt werden muss, selbst wenn man nach dem Überholvorgang direkt scharf abbremsen muss, um rechts abzubiegen oder auf einen Parkplatz zu fahren.

In Castiglione war ich dann auch der erste, noch kurz vor Silvia, die für die anreisende Truppe die letzten Vorbereitungen vor Ort getroffen hat. Wie zum Beispiel die Teilnehmertaschen zu packen (wobei ich natürlich tatkräftig unterstützt habe), die letzten Sonderwünsche der Teilnehmer für die Unterkunft klären, dem Restaurantchef klarmachen, das der Wein im Preis enthalten ist (hat sie super gemacht, er wollte das nämlich nicht wurde aber überzeugt) etc...: Apropos Teilnehmertaschen 

(natürlich mit Karmann Aufschrift).  (Foto Renzo)

Diese enthielten u.a.: Poloshirt in der vorbestellten Größe – wobei ich als Packer bei dem ein oder anderen schon den Optimismus bei der Größenwahl bewundern durfte.

Aufkleber, Aufnäher, Anstecker, Plakat und Umhänger mit dem Logo der diesjährigen Veranstaltung,  jeweils einem Streckenplan pro Tag als Karte, Roadbook, Touristinfos, Sonnencreme, Olivenöl, Kühltasche mit KG Logo u. noch andere Kleinigkeiten.  

   Der zweite Karmann, der in den nächsten Tagen auftauchte kam aus Berlin. Dann trudelten im Laufe der Zeit die anderen ein, wobei ich mich zwischenzeitlich in die Berge begeben habe. Über Siena in das Feriendomizil von Dorte und Henrik.

                          Unter anderem um Henrik zum Geburtstag zu gratulieren.    Inzwischen stand der Tacho bei 9514 km..
Wie man sieht, kann er seine unbändige Freude über 
meine Geburtstagsgeschenke kaum verbergen. 
(In der Dose sind Weißwürstchen, das rote ist der entsprechende Senf).


Donnerstag Abend war dann der "inoffizielle" Begrüßungsabend mit der Anreise der meisten Teilnehmer. 

Inzwischen war für die Karmänner auch ein eigener Bereich des Parkplatzes abgesperrt.

Am nächsten Morgen war dann Abfahrt um 9:30 Uhr und ich habe es geschafft, 
einen Jugendtraum zu verwirklichen: 

                                                             Als letzter zu kommen, 

    und das bei dieser Konkurrenz!


Ziel war neben Massa Marittima, wo die Autos auf einem Parkplatz ausgestellt wurden, 
die Abtei von San Galgano.  
    (Foto Gianluca)

   Hier gab es dann ein gepflegtes Mittagessen. (Foto Katja und Götz)

Dann ging es im Konvoi wieder knapp 60 km zurück.                                                                                              (Foto Renzo)


Samstag ging es in eine andere Ecke der Toskana. Zunächst wurden die Autos geputzt u. geschmückt.

   Nassi beim Flaggenapell  
Dann ging es los nach Suvereto, 

 
wo die Innenstadt in Beschlag genommen wurde. Mehr Autos hätten da wirklich nicht reingepasst.
Die war dann durch die Karmänner blockiert. Das musste dann auch die junge Dame einsehen, die auf der von uns blockierten Strasse entgegen kam und unbedingt vorbei wollte (was auf der engen Straße unmöglich war). Aber Frontmann Klaus, der Ihr die schöne Stirn seines Karmanns bot, blieb ungewohnt hart und beantwortete jede verscheuchende Handbewegung mit einem Lächeln in dem Bewusstsein, das hinter ihm noch etwa 15 Karmänner standen die alle rückwärts durch das Stadttor hätten zirkeln müssen damit die Dame vorwärts weiterfahren konnte. Schließlich griff die Ordnungskraft ein und es entspann sich in etwa folgender Dialog: „Signora, dies ist eine Veranstaltung. Bitte fahren sie zurück“. „Nein, ich muss doch da durch“. „Sie müssen hinten herumfahren, das geht.“ „Das geht nicht“. Dem Polizisten schwante etwas. „Signora, darf ich ihr Auto für sie rückwärts auf den Marktplatz fahren?“ Ruckzuck war der Fahrersitz des Fiats frei.. und das Problem gelöst

  (Foto Renzo)
Nach der geglückten Rücksetzaktion.

Nach dem Zwischenaufenthalt ging es zunächst durch kurvige Bergstraßen im Konvoi. Vor mir fuhr ein Karmannfreund, der durch seine etwas unaufmerksame Fahrweise einen gewissen Ruf genießt. Weit ausholend nahm er alle Kurven, stets auf der Gegenfahrbahn. Ich erklärte gerade Gerhard, der meinen Beifahrersitz belegte da er sein waidwundes Gefährt nur bis Castiglione retten konnte, das es immer besser sei hinter dem Kollegen zu fahren als vor ihm. Plötzlich wurde dieser langsamer, das Auto zog nach links Richtung Bergwand und der Fahrer war nicht mehr zu sehen.

Dann tauchte der Fahrer wieder auf und setzte den Blinker rechts und ließ den Wagen ausrollen. Aha, dachten wir, er hat den Benzinhahn umgeschaltet. Also fuhren wir vorbei und konnten abschließend durch eine beeindruckende Zypressenallee nach Bolgheri fahren

  mit Fotostop natürlich,
 aber ein Wagen fehlte. Während des Mittagessen tauchte er wieder auf, es war der Gaszug, nicht das Benzin.

Zwei der Gruppe hatten sich seiner angenommen und das Übel provisorisch beseitigt. Und einer der Belgier hatte einen Gaszug dabei und so wurde dieser mal eben von zwei Italienischen Karmannfreunden auf dem Parkplatz getauscht. 
10 Minuten und die Sache war erledigt. Aber dieses Auto hat etwas an sich, was immer nach einem gewissen Extra verlangt. Beim Versuch des Ablassen
des mittels Serien-Wagenhebers aufgebockten Karmanns tat es einen Riesenschlag und der Karmann fiel wieder auf 4 Räder. Aber ein Karmann kann so etwas ab, der Besitzer hingegen war etwas erschreckt, schließlich steckte der Arme zu dem Zeitpunkt unter der Kofferaumhaube und verstaute sein Reserverad gerade wieder ordnungsgemäß. „Porca misera, che paura mi hai fatto...“ (etwa: Verfluchte Schei.., was hast Du mir für einen Schreck eingejagt...) war der einzige Kommentar des verschreckten Besitzers.

Abends war dann die offizielle Geschenkübergabe an Emilio und Silvia mit Vertreterinnen aus 5 Ländern.  

   (Foto Katja und Götz)

Jede Dame hielt eine kurze Ansprache – in der jeweiligen Landessprache. 
VLNR: Caroline (B, franz.), Dorte (DK), Carmen (F), Rosita (B, fläm.) Emilio, Silvia, Maritza (I), Katja (D)


Sonntag....

führte uns die Abschlußfahrt zu dem phantastischen Weingut Col d’Orcia di Montalcino  
     mit „freiem Parken“ im Park, 

   Kellerführung,

    Weinprobe was der Keller hergab  

(glücklich wer einen Fahrer hatte – ich sage nur Brunello) und Lunch.  

Hier Freund Giggi als Gentlemanchaffeur von Maritza Sartorelli.  

  

Zur Verabschiedung gab es auf dem Weingut übrigens noch für jeden einen Holzkasten mit
                                                                            einer Flasche Rotwein und Olivenöl.

   (Foto Guido)  

Dann ging es zwecks Ernüchterung über eine unbefestigte Straße,

die dann leicht bestäubten Autos    

 wurden in der für den normalen Verkehr

unzugänglichen Innenstadt von Montalcino ausgestellt.     (Foto Guido)

 

Das war dann das offizielle Ende der Veranstaltung.

Nach der Rückkehr ins KG Village ging es für mich noch und einige andere zu einem Abschiedsbesuch an den Strand. Ins Wasser bin ich als bekennender Warmduscher nur bis zu den Oberschenkeln gegangen, die 17°C sind nicht verlockend genug für mich gewesen. Andere waren da härter im Nehmen. Ich habe dem Schwimmbad den Vorzug gegeben, das hatte doch immerhin schon 20°C.  

Am nächsten Morgen habe ich mich dann verabschiedet, bekam von Renzo noch einen Tipp für die Übernachtung am Largo di Como. Renzo sah allerdings nicht so frisch aus. Auf meine Frage, ob er gut geschlafen habe meint er er nur etwas gequält das die deutsche Karmann-Besitzerin, die nebst Hund seinen Nachbarbungalow bezogen hatte, die ganze Nacht gesungen hat. Er hat geschworen es war die Dame selbst, nicht der Hund.

Meine Rückfahrt war Stau- und Pannenfrei. Je näher ich Marburg kam, um so mutiger wurde ich auch in Sachen Motorbelastung. Allerdings habe ich dann gemerkt, das der Karmann mit den serienmäßigen Scheibenbremsen wohl doch nicht für Geschwindigkeiten jenseits der 150km/h ausgelegt ist. Nach meiner Rückkehr in Marburg zeigte der Tacho vor der Haustür 11.386km.  

Fazit nach ???? Kilometern 

(bis auf einen verschwindend geringen Anteil davon nur offen):

Auch wenn die Reise im 5er sicher um Längen bequemer gewesen wäre, sie wäre auch um Längen emotionsloser gewesen. Also bis nächstes Jahr....

Ach ja, ich weiß ja, dass hier viele Rätselfreunde dabei sind. Deswegen sollt ihr die Kilometer selbst 
ausrechnen und die Frage der Überschrift ebenso selbst beantworten.

Weitere Fotos unter https://www.flickr.com/photos/karmannghiaclubitalia


                                                                             Fotos von Jörn Beutel