WISSENSWERTES
TYP 34  =  der  große  Karmann Ghia

                                                                                                                         Letzter Stand: 01. 03. 2010

Geschichte  &  Hintergrundinformationen

  • Konzept und Entwicklung (1959-60):
    Aufbauend auf dem Erfolg des Karmann Ghia Typ 14 war die Entwicklung des Karmann Ghia Typ 34 eine Kombination von drei Größen der Automobilindustrie: Das mächtige Volkswagenwerk, die italienische Designschmiede Carozzeria Ghia und der Karosseriebauer Wilhelm Karmann.
    Es begann im Frühjahr 1959, als sich Wilhelm Karmann und Luigi Segre auf dem Genfer Automobilsalon trafen.
    VW wollte ein produktionsreifes Serienmodell des Typ 34 auf der Internationalen Automobilausstellung 1961 in Frankfurt vorstellen. Das ließ Wilhem Karmann lediglich einen Zeitraum von 15 Monaten, um den Typ 34 von der Konzeptstudie zum Prototyp und schließlich zum Serienmodell zu entwickeln.



    Beginnend im Mai 1959, war nach nur 90 Tagen der 1:1 Prototyp im Juli 1959 fertig entwickelt.
    Der 1959 von Sergio Sartorelli präsentierte Prototyp wies mehrere Besonderheiten auf, die weder die Holzmodelle noch das spätere Produktionsmodell besaßen. Das bemerkenswerteste Detail war die am hinteren Seitenteil abwärts verlaufende Karosseriesicke. Tom Tjaarda hatte dem Prototyp diese Designkomponente verpasst, ohne dies mit Sartorelli oder Segre abzusprechen. Dies führte zu Spannungen zwischen den Designern bei Ghia.
    Andere Komponenten, die das spätere Serienmodell nicht mehr aufwies, waren der auf dem Armaturenbrett montierte Innenspiegel, im Karosseriekörper integrierte vordere Blinkleuchten, eine besonders eckig geformte vordere Stoßstange, ein völlig anderes Design des Heckdeckels und die gegenläufig angeordneten Scheibenwischer im Schmetterlingsstil. Obwohl es nicht üblich war, dass Prototypen als vollständige Fahrzeuge gebaut wurden, war Ghia der Meinung, dass dieses Projekt ein Vorzeigeobjekt darstellte, und entwickelte deshalb sowohl eine komplette Innenausstattung, als auch einen vorderen und hinteren Gepäckraum.



    Da aber der Volkswagen 1500, auf dem der Karmann Ghia 1500 aufbaute, noch nicht fertig entwickelt war, besaß der Prototyp keinen Motor und war damit nicht fahrbereit. Jedoch war dieser Prototyp ein raffiniertes Coupé, welches den Designvorgaben von VW folgte, und der für die damalige Zeit zukunftsweisende Wilhem Karmann gab dem Typ 34 den Codenamen "Lyon".

      Sergio Sartorelli im Sommer 2009 in Verona.

    Der für die Konzeptzeichnungen verantwortliche Chefentwickler bei Ghia in Turin war Sergio Sartorelli. Noch vom Genfer Automobilsalon aus telefonierte Luigi Segre mit Sergio Sartorelli in Italien, nannte ihm die grundsätzlichen Vorgaben und bat ihn, kurzfristig nach Genf zu kommen. Nur drei Tage später erschien Sartorelli in Genf mit vier Entwürfen für den neuen Wagen.
    Segre wählte einen aus, um ihn Wilhelm Karmann zu vorzustellen.


    An diesem Vormittag entschied Wilhelm Karmann, auf der Grundlage des vorgelegten Designvorschlags weiterzuarbeiten.
    Sergio Sartorelli kehrte nach Italien zurück, um mit der Entwicklung des Prototypen zu beginnen. Zunächst wurden zwei Holzmodelle gefertigt, und die Verantwortung für die Entwicklung des Prototypen aus Metall wurde Ghias jüngstem Designer Tom Tjaarda übergeben.
    Ende 1959 hatte Karmann zwei fahrfertige Prototypen produziert, die den Verantwortlichen von Karmann und VW Anfang 1960 vorgeführt wurden. Volkswagen entschied, den Sartorelli Prototyp mit nur minimalen Retuschen zu produzieren, die bei Karmann in Osnabrück geändert werden sollten.
    Der Sartorelli Prototyp wurde dem Volkswagenwerk überlassen und befindet sich heute im Besitz des VW-Museums.
    Beim VW Karmann Ghia Typ 34 handelte es sich um ein vollständig neues Design nebst neuen Stylingtrends, und dieser Wagen wich damit deutlich vom VW Karmann Typ 14 ab.

  • Vorserienentwicklung (1960-61):
    Die Carozzeria Ghia vergab Anfang 1960 der Firma Karmann den Auftrag für das VW 1500 Sportcoupé. 
    Um den Prototyp von Ghia aber serienreif zu bekommen, mussten an einigen Stellen optische Retuschen vorgenommen werden. Die am hinteren Seitenteil abwärts verlaufende Karosseriesicke wurde nicht übernommen, die Blinkleuchten wurden geändert, und auch die Heckansicht wurde geringfügig anders gestaltet. Während der Vorserienentwicklung wurde der (noch auf einem VW Käfer Chassis montierte) Ghia-Prototyp von den Karmann-Ingenieuren auf ein fertiges VW 1500 Chassis gesetzt und entsprechend angepasst.
    Zwischen Karmann und VW muss es umfangreiche Diskussionen über die Gestaltung der Fahrzeugfront des Typ 34 gegeben haben, da es mehrere Modelle in Originalgröße mit verschiedenen Designvarianten gegeben hat. Um VW Gestaltungsalternativen aufzeigen zu können, wurden die "Augenbrauen" des Ghia-Prototyps über den Scheinwerfern geglättet sowie mehrfach modifiziert und teilweise nochmals komplett überarbeitet. Einer dieser Vorschläge verzichtete sogar völlig auf die vorderen Nebelscheinwerfer und folgte dem Aussehen des "kleinen" Karmann Ghia Typ 14, in welchem vordere Lüftungsgitter angeordnet wurden.

    Stylingstudien für die Front des Typ 34


    Andere Variationen sahen zwei Doppelscheinwerfer an Stelle der vier einzelnen, unterschiedlich großen Leuchten vor. Letztendlich setzte sich aber doch der ursprüngliche Vorschlag von Ghia mit der augenbrauenähnlichen Profilkante durch.


    Bei der endgültigen Positionierung der Zusatzscheinwerfer gab es ebenfalls Diskussionsbedarf, zumal unterschiedliche rechtliche Bestimmungen in Europa zu berücksichtigen waren.


    So wurden in der Endphase der Vorserienentwicklung zwei unterschiedliche Frontansichten gebaut und nebeneinandergestellt.
    Mitte 1961 fiel die Entscheidung, die Nebelscheinwerfer möglichst nah in der Fahrzeugmitte unterhalb der Profilkante anzuordnen.


     
  • ... und so hört sich ein Typ 34 an!